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Mediation
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02/02/2015

Risiko der Besteuerung von Minijobs

In einer auf den ersten Blick ungewöhnlichen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 13.01.2014 – 8 AZR 817/13 – einer Minijobberin einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber wegen eines erlittenen Steuerschadens verweigert.

Die Klägerin hatte gegen Zahlung von 400,00 € monatlich im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung für einen gemeinnützigen Verein zur Förderung geistig behinderter Menschen gearbeitet. Auf Verlangen ihres Arbeitgebers hat sie diesem die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2010 vorgelegt, auf der die Steuerklasse III ausgestellt war.

Der Arbeitgeber versteuerte sodann den von der Klägerin bezogenen Lohn nach der Lohnsteuerklasse III und übermittelte die Lohnsteuerbescheinigung an das Finanzamt.

Hätte der Arbeitgeber statt der Versteuerung nach der Steuerklasse III die ebenfalls mögliche Pauschalsteuer von lediglich 2% gewählt, hätten die Klägerin und ihr Ehegatte im Zuge der steuerlichen Zusammenveranlagung für das Jahr 2010 insgesamt 1.327,95 € weniger Einkommenssteuer zahlen müssen.

Genau diesen Betrag, abzüglich der im Rahmen der Pauschalversteuerung fälligen Einkommenssteuer von lediglich 64,00 € machte die Klägerin als Schadensersatz bei ihrem Arbeitgeber geltend. Sie war der Auffassung, dass der Arbeitgeber eine Hinweispflicht gehabt habe, dass er nach Lohnsteuerkarte abrechne und dies aufgrund der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung mit dem Ehegatten im Vergleich zur Pauschalsteuer zu einem erheblichen steuerlichen Nachteil führen könne. Der Arbeitgeber habe deswegen die Verpflichtung gehabt, das Wahlrecht zwischen den beiden Abrechnungsvarianten zugunsten der Klägerin ausüben müssen und aus diesem Grund den Lohn der Kläger pauschal versteuern müsse.

Alle drei Instanzen verneinten jedoch einen solchen Schadensersatzanspruch der Klägerin. Das Bundesarbeitsgericht führt in seinen schriftlichen Entscheidungsgründen zunächst aus, dass Schuldner der Lohnsteuer zunächst der Arbeitnehmer sei. Der Arbeitgeber haftet zwar für die Lohnsteuer, diese einzubehalten und abzuführen habe. Soweit diese Haftung erreiche, seien Arbeitgeber und Arbeitnehmer sogenannte Gesamtschuldner. Der Arbeitgeber erfülle jedoch eine fremde Schuld für den Arbeitnehmer. Im Verhältnis zwischen beiden sei allein der Arbeitnehmer Schuldner der Steuerforderung.

Eine Ausnahme davon gelte jedoch für die pauschale Versteuerung bei geringfügiger Beschäftigung (Minijob). Das setzt allerdings voraus, dass diese pauschale Besteuerung überhaupt erst gewählt wird. Der Arbeitgeber hat insoweit ein Wahlrecht zwischen beiden Besteuerungsformen. Es gäbe insoweit keine Aufklärungs- oder Hinweispflicht des Arbeitgebers. Ebenso wenig verletzte der Arbeitgeber Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Arbeitnehmer, wenn er gerade nicht die Pauschalbesteuerung, sondern die Regelbesteuerungsart mittels Lohnsteuerkarte anwende. Ein Arbeitnehmer, der besonderen Wert darauf lege, dass die Sonderbesteuerungsart (gemeint ist die pauschale Besteuerung mit 2%) zu Grunde gelegt werde, habe die Möglichkeit von sich aus nachzufragen und gegebenenfalls eine entsprechende Vereinbarung gegenüber dem Arbeitgeber vorzuschlagen.

Das Bundesarbeitsgericht betont am Ende der Entscheidung, dass im zu entscheidenden Fall hinzugekommen sei, dass der Arbeitgeber die Klägerin zur Vorlage der Lohnsteuerkarte aufgefordert habe und die Klägerin aus diesem Grund hätte erkennen müssen, dass diese auch zum Einsatz kommen solle.

Die Entscheidung verdeutlicht, welch großes finanzielles Risiko besteht, wenn zu Beginn des Arbeitsverhältnisses gerade nicht hinreichend zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geklärt ist, auf welche Art die Besteuerung erfolgen solle. Die meisten Minijobber werden wohl davon ausgehen, dass es selbstverständlich ist, dass der Arbeitgeber von der pauschalen Besteuerungsmöglich Gebrauch macht. Denn der andere Fall der Besteuerung mittels Lohnsteuerkarte dürfte geradezu atypisch sein, da die Pauschalbesteuerung wohl für den Arbeitnehmer in jedem Falle günstiger ist.

Überraschend dürfte für die meisten Arbeitsvertragsparteien wohl auch sein, dass die gesetzliche Regelung beide Besteuerungsarten ohne Einschränkungen als gleichwertige Alternativen zur Verfügung stellt und dem Arbeitgeber die Wahl des Verfahrens überlässt.

Vor diesem Hintergrund dürfte es allerdings zu weit gehen, wenn das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidungsbegründung die Pauschalbesteuerung als „Sonderbesteuerungsart“ bezeichnet. Im Rahmen der Auslegung des Arbeitsvertrages eines geringfügig Beschäftigten wird der „Normalfall“ wohl die Pauschalbesteuerung und das Verfahren mittels Lohnsteuerkarte die Ausnahme sein.

 

 

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Author: Jörg Faust