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Mediation
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26/11/2014

Neue Regeln für Verdachtskündigung

Im Arbeitsrecht gilt seit jeher die Besonderheit, dass nicht nur eine erwiesene Straftat, sondern schon der bloße Verdacht (auch einer schweren Arbeitsvertragsverletzung, nicht nur einer Straftat) eine Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer rechtfertigt, wenn allein der Verdacht das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien unzumutbar belastet.

Immerhin hat die Rechtsprechung hierzu erhebliche Einschränkungen gemacht. So muss bei der Betriebsratsanhörung kenntlich gemacht werden, dass es sich um eine Verdachtskündigung, nicht um eine „Tatkündigung“ handelt, und dem Arbeitnehmer muss vor der Kündigung in einer „Anhörung“ Gelegenheit gegeben werden, die Verdachtsmomente zu widerlegen.

Eine weitere wichtige Einschränkung bringt jetzt ein Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 30.03.2012. Danach muss in der Einladung zu der Anhörung bereits angegeben werden, dass es sich um eine Vorbereitungsmaßnahme zu einer Kündigung handelt, und der Themenkreis der Anhörung muss benannt werden, damit der Arbeitnehmer sich auf das Gespräch vorbereiten und ggf. einen Anwalt hinzuziehen kann.

Die häufige Praxis von Arbeitgebern, unter Ausnutzung eines „Überraschungsmomentes“, Anhörung und Vorschlag eines Aufhebungsvertrages zur Vermeidung einer fristlosen Kündigung zu verbinden, wird hierdurch eingeschränkt.

Zweifelhaft ist ohnehin, ob der Arbeitnehmer bei der Anhörung zur wahrheitsgemäßen Angabe von vergangenen Abläufen verpflichtet ist oder, jedenfalls soweit es um einen Straftatbestand geht, entsprechend den strafprozessualen Regeln die Aussage verweigern kann. Die schriftliche Dokumentation von Aussagen des Betroffenen, insbesondere wenn er über sein Aussageverweigerungsrecht nicht belehrt wurde, ist ohnehin durch § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG begrenzt.

Die Bundesrechtsanwaltskammer schreibt bei Befragungen durch einen Unternehmensanwalt zudem vor, dass der Mitarbeiter darüber belehrt werden muss, dass Aufzeichnungen der Befragung ggf. an Behörden weitergegeben werden und dort zu seinem Nachteil verwertet werden können und dass der Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt anlässlich der Befragung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedroht werden kann, um eine Aussage zu erzwingen, und dass die Freiheit der Willensentschließung nicht beeinträchtigt werden darf.

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Author: Manfred Stolz