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Mediation
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24/10/2014

Kündigung bei HIV-Infektion

Das Bundesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 19.12.2013 - 6 AZR 190/12 - darüber zu befinden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers, der an einer (bisher) symptomlosen HIV-Infektion leidet, auf Grund einer Diskriminierung unwirksam ist.

Es wird nochmals bestätigt, dass eine Kündigung die einen Arbeitnehmer aus einem der in § 1 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) genannten Gründen (Rasse, ethnischen Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität) diskriminiert, unwirksam ist. Neben den wegen eines Verstoßes gegen das AGG entstehenden Schadensersatzansprüchen, kann auch die Kündigung selbst wegen einer Diskriminierung angegriffen werden.

Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber eine Benachteiligung beabsichtigt. Es reicht aus, wenn eine Anknüpfung der Kündigung an ein Diskriminierungsmerkmal in Betracht kommt. Der Arbeitgeber wird dann nachweisen müssen, dass eine Kündigung nicht diskriminierend war oder die Diskriminierung gerechtfertigt werden kann. Klargestellt wird, dass dies auch für Kündigungen außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes gilt.

Das Bundesarbeitsgericht befasst sich ausführlich damit, wann eine Behinderung vorliegt. Es geht davon aus, dass der Begriff sehr weit zu verstehen ist, und eine Behinderung auch durch das „Behindern“ eines Menschen durch seine Umwelt entstehen kann. Dies ist der Fall, wenn die gesellschaftliche Teilhabe des Erkrankten, vorliegend die eines HIV-Infizierten, typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt ist.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines solchen Arbeitnehmers in der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG wegen der Erkrankung, ist die Kündigung im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber nicht darlegt, dass er angemessene Vorkehrungen ergriffen hat, die den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen, welches nun aufzuklären hat, ob der Arbeitgeber solche Vorkehrungen ergriffen hat.

Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts kann für andere chronischen Erkrankungen übernommen werden. Die Chancen des Arbeitnehmers, auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, sich erfolgreich gegen eine Kündigung zu wehren, Schadensersatzansprüche durchzusetzen oder eine Abfindung auszuhandeln, werden hierdurch verbessert.

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Author: Benjamin Zundel