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Mediation
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10/12/2015

Ein Jahr Mindestlohn

In einigen Tagen wird der gesetzliche Mindestlohn ein Jahr alt. Das entsprechende Gesetz trat zum 1. Januar 2015 in Kraft. Die Kritik vor, aber auch nach dem Inkrafttreten aus Teilen der Politik und Arbeitgeberverbände war übermäßig und wohl auch übertrieben. Mittlerweile scheinen sich diese politischen Wogen zu glätten. Die Praktiker aus der Richterschaft und der Anwaltschaft sind sich offenbar ohnehin darüber einig, dass die praktische Bedeutung des Mindestlohngesetzes vor den Arbeitsgerichten eher gering ist.

In Gesprächen mit Kollegen aus der Anwaltschaft und Richtern hören wir jdenfalls, dass es kaum Prozesse gibt, in denen es ausschließlich um den Mindestlohn geht. Dieser Eindruck bestätigt sich auch durch eine Presseerklärung des Arbeitsgerichtes Krefeld über eine Fortbildungsveranstaltung vom 3. Dezember 2015. Dort heißt es, die Prozesse zum Mindestlohn ließen sich an einer Hand abzählen. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte das 10. Arbeitsrechtliche Forum der Ruhr-Universität Bochum in seiner Jubiläumsveranstaltung vom 18. November 2015.

Die rechtlichen Probleme sind ebenfalls überschaubar. Bei den wenigen arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Mindestlohn geht es meist um die Frage, welche bereits vorher gezahlten Lohnbestandteile (Sonderzahlungen, Leistungszulage) auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen. Dass die Geltendmachung des Mindestlohnes nicht zur Kündigung führen darf, wie das Arbeitsgericht Berlin am 17. April 2015 (Az.: 28 Ca 2405/15) entschied, versteht sich von selbst und ist in der Praxis eher ein Problem der Beweisführung. Interessant wird allenfalls noch die Frage, für was der Mindestlohn zu zahlen ist. Die Frage kann sich stellen bei Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft.

Für diejenigen, die Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten vertraten ist jedoch folgendes interessant: Das Mindestlohngesetz verhindert den teilweisen Verfall von Lohn- und Gehaltsansprüchen durch tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, auch Verfallklauseln genannt. Solche Klauseln vernichten Ansprüche, die nicht binnen eines bestimmten Zeitraumes, meist drei Monaten, geltend gemacht worden sind. Da in jedem Lohn und in jedem Gehalt auch immer der Mindestlohn von 8,50 EUR steckt, kann dieser Anteil jetzt nicht mehr verfallen.

 

 

 

 

 

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Author: Jörg Faust