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Mediation
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19/11/2014

Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband austreten oder hiermit drohen. Hier stellen sich Arbeitnehmer und Betriebsräte regelmäßig die Frage, ob die bisherigen tariflichen Regelungen weiter gelten.

Tarifverträge können auf ein Arbeitsverhältnis aus unterschiedlichen Gründen Anwendung finden. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass in dem Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag verwiesen wird. Auch ohne Verweisung findet ein Tarifvertrag Anwendung, wenn beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind. Tarifbindung des Arbeitgebers besteht bei Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband, und Tarifbindung des Arbeitnehmers wenn dieser Gewerkschaftsmitglied ist.

Mit dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband endet nach § 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) die Tarifbindung des Arbeitgebers. Man könnte also annehmen, dass die bestehenden Tarifverträge nicht mehr anzuwenden seien, der Arbeitgeber sich durch den Austritt also missliebiger Tarifverträge entledigen kann. Um dies zu vermeiden sieht § 3 Abs. 3 TVG vor, dass die Tarifgebundenheit solange bestehen bleibt, bis der Tarifvertrag - beispielsweise durch Zeitablauf oder Kündigung - endet. Solange der alte Tarifvertrag also bestehen bleibt, sind seine Regelungen für diesen sog. Nachbindungszeitraum weiter anzuwenden.

Selbst wenn der Tarifvertrag dann gekündigt wird oder durch Zeitablauf endet, gelten seine Regelungen nach § 4 Abs. 5 TVG weiter fort, bis er durch eine andere Abmachung ersetzt wird. Andere Abmachungen können etwa geänderte oder neu abgeschlossene Arbeitsverträge oder abweichende Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sein. Für nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband eintretende Mitarbeiter gelten die Regelungen des Tarifvertrages daher nicht auf Grund beiderseitiger Tarifbindung.

Unabhängig von der Tarifbindung des Arbeitgebers und Arbeitnehmers, also auch von einem Austritt aus dem Arbeitgeberverband, können Tarifverträge Anwendung finden, wenn im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers eine sog. Verweisungsklausel auf einen Tarifvertrag enthalten ist, also auf einen bestimmten oder den jeweils geltenden Tarifvertrag verwiesen wird

Bei einer statischen Verweisungsklausel auf einen bestimmten Tarifvertrag, ist genau dieser Tarifvertrag, unabhängig von seiner Ablösung durch einen anderen Tarifvertrag oder dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband, anwendbar. Bei sog. dynamischen Verweisungsklauseln gilt der Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung, auch wenn der Arbeitgeber aus dem Tarifvertrag austritt. Anders dies nur bei dynamischen Verweisungsklauseln in Verträgen, die vor dem 31.12.2001 abgeschlossen wurden. Aus Vertrauensschutzgesichtspunkten hat das Bundesarbeitsgericht eine später vorgenommene Rechtsprechungsänderung, nur für nach dem 31.12.2001 abgeschlossene Verträge für anwendbar erklärt. Bei dynamischen Verweisungsklauseln in solchen sog. Altverträgen sei davon auszugehen, dass es sich um eine sog. Gleichstellungsklausel handelt, mit der der Arbeitgeber Gewerkschaftsmitglieder und Nichtgewerkschaftsmitglieder in seiner Belegschaft gleichstellen wollte. Tarifgebundene Arbeitnehmer sollten also nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als tarifgebundene, meist um ein einheitliches Lohngefüge zu wahren. Daher sind in diesem Fall auch solche Arbeitnehmer, die nicht kraft Mitgliedschaft tarifgebunden sind, bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers so zu behandeln wie Gewerkschaftsmitglieder. Der Tarifvertrag auf den im Arbeitsvertrag verwiesen wurde, gilt dann statisch, also in der Fassung zum Zeitpunkt des Austritts des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband, weiter.

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Author: Benjamin Zundel